In den letzten Wochen
sind auch die Permer Nichtregierungsorganisationen umfassenden Kontrollen durch
die Staatsanwaltschaft unterzogen worden. Ergebnis war, dass sie die Anweisung erhielten,
sich als „ausländische Agenten“ registrieren zu lassen, da sie politisch tätig
seien und finanzielle Förderung aus dem Ausland bekämen.[1]
– Bisher hat sich keine NGO bereit erklärt, eine solche Registrierung zu
beantragen.
Die Staatsanwaltschaft der Region
Perm hat unseren Organisationen die Aufforderung übermittelt, uns aus
„ausländische Agenten“ registrieren zu lassen.
Allen, die uns kennen, erklären wir
hiermit: Unsere Organisationen werden sich nicht als „ausländische Agenten“
registrieren lassen, weil weder wir noch unsere Organisationen irgend jemandes Agenten
sind, schon gar keine ausländischen. Niemand kann und wird uns zum Schaden Russlands
instrumentalisieren. Wir sind freie Menschen, die ihrem Land ergeben sind, die
Ehre haben, in verantwortlichen gesellschaftlichen Organisationen zu arbeiten
und sich nie am Kampf um die Macht beteiligt haben. Uns selbst als „ausländische
Agenten“ zu bezeichnen, wäre für unsere Organisationen beleidigend und unwahr.
Bei Anträgen auf Förderung durch
internationale Stiftungen lassen wir uns ausschließlich von unseren eigenen
Vorstellungen über die Aufgaben unserer Organisationen und das Gemeinwohl
leiten. Wir respektieren die russische Verfassung, halten sie ein und sind davon überzeugt,
dass wir alles, was wir tun, zum Wohl unseres Landes und seines Volkes tun.
Wenn jemand dagegen meint, dass wir
durch unsere gesellschaftliche, bürgerliche oder fachliche Tätigkeit unserem
Land Schaden zufügen, dann muss er diesen Schaden ernsthaft, hieb- und stichfest unter Beweis stellen. Die Justiz- und Sicherheitsorgane haben alle Möglichkeiten,
entsprechende Untersuchungen durchzuführen. Sollten sie tatsächlich bei uns Anzeichen einer
“feindlichen Tätigkeit“ feststellen, könnten sie uns nach aller Strenge des
Gesetzes und nach allen Regeln für eine transparente, alle Standpunkte berücksichtigende gerichtliche Auseinandersetzung zur
Verantwortung ziehen.
Was die „ausländische
Finanzierung“ betrifft, so gibt es hier nur ein generelles, allgemein anerkanntes Verbot: Sie darf nicht zu politischen Zwecken eingesetzt werden,
d. h. nicht für den Kampf um die Macht. Es ist bekannt, dass unsere
Organisationen sich niemals am Machtkampf beteiligt haben – sie haben weder eigene
Kandidaten aufgestellt noch andere Kandidaten für Regierungsposten unterstützt,
sie haben nicht am Wahlkampf teilgenommen und arbeiten nicht mit Parteien zusammen.
Der Zwang, uns als „ausländische
Agenten“ registrieren zu lassen, ist für uns gleichbedeutend mit dem Zwang, uns
zu „Vaterlandsverrätern“ zu erklären. Außerdem ist es unsere feste Überzeugung,
dass eine Organisation, die sich zum „ausländischen Agenten“ erklärt, nicht das
moralische Recht hat, öffentliche Interessen zu vertreten, Bedürftigen
rechtliche und soziale Unterstützung zu leisten, Bürgerkontrolle auszuüben und
viele andere Dinge zu tun, die für uns und andere wichtig sind. Eine
Organisation, die ein „ausländischer Agent“ ist, hat nicht das Recht, älteren Menschen
zu helfen, deren Angehörige seinerzeit ungesetzlich verfolgt worden sind, und
zwar mit genau derselben Formulierung – nämlich als „ausländische Agenten“. Wir
können keiner Bezeichnung zustimmen, die irgendwem vielleicht akzeptabel
scheinen mag. Andernfalls müssten wir die Tätigkeit beenden, der sich jede
unserer Organisationen widmet.
Gesetz ist Gesetz. Wir werden alle
gesetzlichen Mittel ausschöpfen, um auch vor Gericht zu beweisen, dass wir
keine „Agenten“ sind. Zugleich werden unsere öffentlichen Sprechstunden bis zur
letzten Möglichkeit arbeiten, unsere Experten werden weiterhin Bürger,
gesellschaftliche Organisationen und staatliche Institutionen auf Anfrage beraten.
Wir werden alles tun, um alle unsere Pflichten gegenüber den Permer Bürgern und
unseren geschätzten Partnern aus dem öffentlichen und staatlichen Sektor zu
erfüllen.
Wenn wir alle Prozesse verlieren und
unsere Organisationen von den Behörden geschlossen werden, werden wir andere
legale Wege finden, das zu tun, was wir für nötig halten. Wir werden uns
weiterhin aktiv für den Schutz der Menschenrechte und die aktuellen
öffentlichen Interessen einsetzen: sei es für die Korruptionsbekämpfung, für
die Unterstützung Bedürftiger, die Verteidigung der Rechte Erniedrigter und
Beleidigter oder die Verbesserung von Qualität und Erreichbarkeit staatlicher
Dienstleistungen.
In unserem Land leben Menschen
unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse, Weltanschauungen und Ideologien. Wir
unterscheiden uns von denen, die heute die Politik unseres Staats bestimmen.
Wir denken anders als sie und dienen unserem Land auf andere Weise. Aber diese
Unterschiede geben niemandem das Recht, uns in Listen „ausländischer Agenten“
einzutragen. Wir werden uns nicht aus der Reihe ordentlicher russischer Bürger
und gesetzestreuer gesellschaftlicher Organisationen streichen lassen. Russland
ist unser aller gemeinsames Land. Wir müssen lernen, gemeinsam darin zu leben.
Igor Averkiev (Permer Bürgerkammer)
Sergej Isaev (Regionales Permer
Menschenrechtszentrum)
Aleksandr Kalich (MEMORIAL)
Robert Latypov (MEMORIAL)
Svetlana Makovetzkaja (GRANI)
Sergej Maximov
Sergej Maximov
[1] Nach dem berüchtigten Gesetz, das seit dem 21.11.2012 in Kraft ist, sollen Nichtregierungsorganisationen,
die politisch tätig sind und ausländische Fördermittel bekommen, ihre Registrierung
als eine Organisation beantragen, die „die Funktionen eines ausländischen
Agenten erfüllt“.
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